Das Wohnprojekt »Allmende«

Wie beim Thema Wohnen die sozialökologische Transformation mitgedacht werden kann

In Freiburg und Umgebung ist der Wohnraum knapp und mit einer der teuersten Deutschlands. Als Mietshäuser-Syndikats-Projekt »Allmende« realisieren wir dort trotzdem und gerade deshalb ein sozial und ökologisch wegweisendes Wohnprojekt für 74 Menschen.

Die Suche nach einem geeigneten Bestandsobjekt blieb lange erfolglos. Schließlich war es unter anderem die gute autofreie Anbindung nach Freiburg, die für ein Grundstück in der Gemeinde Gundelfingen entscheidungsgebend war. Anfang Dezember hat unsere stetig wachsende Gruppe aus derzeit 26 Erwachsenen und 15 Kindern es gekauft. 2022 startet die Bebauung. Dort wollen wir zeigen, wie es geht für alle einen ökologischen und sozial verträglichen Lebensraum zu schaffen.

Wir sind überzeugt, dass wir mit »Allmende« einen wichtigen Beitrag zur notwendigen sozialökologischen Transformation – Ökologie im Bau, geringer Flächenverbrauch pro Person, Mehrgenerationalität, Gemeinschaft – leisten und unser Konzept beispielhaft sein kann.

Seit mehreren Jahren arbeiten wir als Gruppe an dem Konzept für »Allmende«. Ein Binnenvertrag sichert, dass bestimmte Standards (Wohnungstauschkonzept, nachhaltige Bauweise etc.) von vornherein gesetzt sind. Alle darauf aufbauenden Entscheidungen werden gemeinsam getroffen. Dafür nutzen wir verschiedene Werkzeuge (z.B. digitale Konsensierungstools), um bei wachsender Gruppengröße effektiv und gleichberechtigt arbeiten zu können.

Insbesondere die folgenden Punkte sind uns dabei wichtig:

1. Ökologie im Bau und Sharing-Konzepte

»Allmende« wird mit einem sehr hohen ökologischen Standard gebaut. Konkret bedeutet das unter anderem: Es wird ein Holzbau mit Energieeffizienzstandard KfW 40 Plus. Unseren Energiebedarf decken wir komplett mit regenerativen Energien. Dach- und Fassadenbegrünung wirken sich positiv auf die bioklimatischen Bedingungen und die lokale Biodiversität aus.

Darüber hinaus möchten wir durch Sharing-Konzepte Ressourcen schonen und Dinge gemeinschaftlich nutzen. Dazu gehören Fahrzeuge genauso wie Haushaltsgegenstände, Werkzeuge und auch Wohnraum. Eine Foodcoop ist eingeplant, die auch für Menschen aus dem Quartier offen sein soll. Gemeinschaftlich sollen hier regional und saisonal, sowie ökologisch und fair produzierte Lebensmittel verpackungsarm bezogen werden.

2. Platz für Austausch und Begegnung bei geringem Flächenverbrauch

Wir planen einen Mix aus verschiedenen Gemeinschaftsräumen und wollen damit viele „erweiterte Wohnfunktionen“ abdecken, die nicht jede*r in der eigenen Wohnung braucht. So sind etwa ein großer Gemeinschaftsraum mit Küche und separatem Esszimmer, ein ruhiger Gemeinschaftsraum, ein Bewegungs- und Veranstaltungsraum sowie gemeinschaftlich genutzte Gäste- und Arbeitszimmer geplant. Auf jedem Stockwerk wird es ein Wannenbad geben, eines davon rollstuhlgerecht. So können in den Wohnungen flächensparende Duschbäder eingebaut werden, ohne dass mensch gänzlich auf eine Badewanne verzichten muss.

Unsere Gemeinschaftsflächen führen nicht zu einem größeren individuellen Flächenverbrauch. Jede Wohnung entspricht von der Größe her dem Sozialwohnungsstandard und gibt von dieser Größe noch mal knapp 20 Prozent der Wohnfläche an die Gemeinschaftsräume „ab“ – liegt damit also 20 Prozent unter dem Sozialwohnungsstandard. Konkret bedeutet das rund 50 Quadratmeter für eine Zweipersonenwohnung und circa 92 für eine fünfköpfige Familie. Werden alle Gemeinschaftsräume mitgerechnet, vergrößert sich die nutzbare Fläche auf mehrere hundert Quadratmeter. Beim individuellen Flächenverbrauch liegen wir somit knapp unter 30 Quadratmeter pro Person. Im Vergleich dazu lag die durchschnittliche Pro-Kopf-Wohnfläche in Deutschland im Jahr 2020 bei über 47 Quadratmeter – Tendenz steigend.

Unser Wohnungstauschkonzept sieht vor, dass Menschen die Wohnung wechseln, wenn sich ihr Bedarf verändert. Beispielsweise zieht ein Paar nach dem Auszug seiner Kinder in eine Zweipersonenwohnung und gibt so Raum für Mehrpersonen-Konstellationen frei. So bleibt der Wohnraum für eine beständige Zahl an Menschen und die Mehrgenerationalität des Projekts erhalten.

In unserer Vision dient die individuelle Wohnfläche als persönlicher Rückzugsraum, während ein großer Teil des Lebens in den gemeinsam genutzten Bereichen stattfindet. So möchten wir uns im Alltag gegenseitig unterstützen, füreinander da sein und zum Beispiel an mehreren Tagen in der Woche gemeinsam essen.

3. Soziale Mischung

Gut 60 Prozent der Wohnfläche wird sozialer Wohnungsbau sein, ist also insbesondere für soziale Gruppen vorgesehen, die ihren Wohnungsbedarf nicht am freien Wohnungsmarkt decken können. Vier Wohnungen werden für Menschen vorbehalten, die auf einer Wohnungssuchenden-Liste der Gemeinde stehen, dies sind meist Menschen mit Fluchterfahrung. Weitere drei Wohnungen sind rollstuhlgerecht. Für die sozial geförderten Wohnungen ist die maximale Größe pro Person gesetzlich vorgegeben. Auch die frei finanzierten Wohnungen werden diese Größe nicht überschreiten. Bei der Anzahl der Wohnungstypen – von der Ein- bis zur Fünfzimmerwohnung – haben wir uns an dem Ziel eines ausgeglichenen Generationenverhältnisses ausgerichtet.

Finanzierung

»Allmende« wird teilweise über einen Bankkredit, sowie Förderkredite der KfW- und L-Bank finanziert. Eigene finanzielle Mittel sind explizit keine Voraussetzung, um Bewohner*in zu werden. Gleichwohl brauchen wir natürlich „Eigenkapital“ für Grundstückskauf und Hausbau. Zu diesem Zweck sammeln wir Direktkredite in Form von Nachrangdarlehen. Dies sind Gelder, die Privatpersonen, Gruppen oder Firmen an »Allmende« unter festen Konditionen (Zinssatz, Laufzeit etc.) verleihen. Gut zwei Drittel des nötigen Eigenkapitals von voraussichtlich 2,3 Millionen Euro konnten wir bisher in Form von Direktkrediten einwerben. Wir freuen uns über alle, die sich entscheiden Geld bei diesem zukunftsweisenden Projekt anzulegen.


Autoren

Öffentlichkeitsarbeit des Allmende e.V.


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allmende-gufi.de