Editorial

Bye bye print! Común bleibt.

Wenn Común 2019 mit einem Titelsong gestartet wäre, dann hätten wir sicherlich irgendwas mit „we love print“ in den Refrain getextet. Natürlich wären in allererster Linie die Recht auf Stadt-Bewegungen besungen worden, aber im Video hätte es vielleicht eine Szene gegeben, wo jemand die Común in einem Buchladen entdeckt, aufschlägt und dann… bäm! Recht auf Stadt – wow!

Glücklicherweise müssen wir jetzt keinen Song umschreiben und kein neues Video drehen. Bei unserer letzten Redaktionssitzung vor Erscheinen von Común #7 kam dennoch kurz das Thema Songtitel auf: Wir diskutierten darüber, wie wir die große Veränderung bei Común hier im Editorial catchy übertiteln könnten und ein bekannter Tocotronic-Song von 1995 drängte sich da auf: „Digital ist besser“. Unsere Diskussion verhedderte sich dann in den Lyrics mit ihrem nebulösen kulturellen Code ‚Analog- vs. Digitaluhren‘ – tja, die 1990er Jahre… Nein, digital ist auch in den 2020er Jahren nicht per se besser. Trotzdem: Común erscheint ab jetzt nicht mehr als Print- sondern nur noch als Online-Magazin. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die Produktionskosten sind in die Höhe geklettert, der Vertrieb ist für unsere kleine Redaktion zu aufwendig geworden, die Nachfrage nach Online-Verfügbarkeit ist gestiegen. Für uns als Redaktion war der Abschied von Print eine schwere Entscheidung. Für euch – unsere COMÚNity – wird es dagegen jetzt einfacher an Común zu kommen und die Inhalte zu teilen. (Spenden welcome!)

Apropos Inhalte: In Común #7 geht es diesmal schwerpunktmäßig um das Thema ‚Wohnen – Es geht auch anders‘. Hier gibt es eine ganze Menge Ideen, Ansätze, Strategien und praktische Beispiele, von denen hier einige vorgestellt werden: Wenn vereinzelt eingesetzte kommunale Instrumente (Beispiel Hamburg) nicht wirklich gegen Verdrängung wirken, wie könnte dann eine grundlegend andere Wohnungspolitik aussehen? Ist Re-Kommunalisierung (Beispiel Berlin) wirklich DIE Lösung oder braucht es nicht eher eine Strategie zur Vergesellschaftung von Wohnraum? Zwei Beispiele aus Frankfurt a.M. und aus Leipzig zeigen, wie die kommunale Unterstützung zivilgesellschaftlicher Netzwerke das Entstehen von Wohnprojekten fördern kann – und welche Schwierigkeiten bleiben. In einer Reflexion von 30 Jahren Erfolgsgeschichte des Mietshäuser Syndikats, zeichnen die im Syndikat aktiven Autor:innen nach, wie das Syndikat mit seinen inzwischen 180 Projekten ‚nebenbei‘ an politischem Einfluss gewonnen hat; sie fragen nach den ‚Grenzen des Wachstums‘ sowie nach neuen Ansätzen der Selbstverwaltung. Drei Projekt-Beispiele zeigen schließlich, dass Wohnprojekte viel mehr sein können als ‚nur‘ Orte des Zusammenwohnens: das Grethergelände in Freiburg mit wechselvoller 30-jähriger Geschichte, das gerade erst fertiggestellte Bikes and Rails-Projekt in Wien und das Kölner Projekt Petershof, das noch in Gründung ist.

Común ist natürlich viel mehr als der Themen-Schwerpunkt, es geht inhaltlich wieder mal reichlich und querbeet durch die stadtpolitischen Entwicklungen und Bewegungen, im deutschsprachigen Raum und international. Im Inhaltsverzeichnis könnt ihr euch einen Überblick verschaffen. Und dann rein ins COMÚNiversum!

Ein dickes Dankeschön an alle, die mitgemacht haben!

Bleibt analog, bewegt und veränderungsfreudig,

eure Común-Redaktion


Titelillustration

Milena Prekodravac


Inhaltsverzeichnis